Ehemals Königliche Hoftheater, 1909 bis 1912 von Max Littmann als Doppeltheater mit Opern- und Schauspielhaus erbaut. 1924 wurden die Gebäude unter Denkmalschutz gestellt. Erhalten blieb nach dem II. Weltkrieg nur das mit klassizistischen Säulen geschmückte Große Haus.
Im Schauspielhaus finden Veranstaltungen des Schauspiel Stuttgart und des Stuttgarter Balletts statt. Nach Diskussionen über eine Wiedererrichtung begann man 1959 nach der Kriegszerstörung an alter Stelle mit einem Neubau nach Entwürfen von Hans Volkart. 1962 konnte das Schauspiel den Spielbetrieb im Kleinen Haus aufnehmen. 2002 wurde der Bau in Schauspielhaus umbenannt. Das Schauspielhaus wurde von 2010 bis 2013 grundständig saniert und im September 2013 wiedereröffnet.
Deutschland im Herbst in einer nahen (?) Zukunft, das Bürgergeld heißt wieder Hartz IV, die Jobcenter existieren noch, das System des Nummer-Ziehens bewährt sich nach wie vor. Doch der Aufgabenbereich der Sachbearbeiter hat sich ausgedehnt. Gabor und Armin sind mittlerweile die Hüter der Erbschaftslotterie, denn das natürliche, altbekannte Erbrecht wurde reformiert, und Hinterlassenschaften werden nun per Losentscheid verteilt. Somit haben alle die Chance, etwas von den jährlich in Deutschland vererbten 400 Milliarden Euro zu bekommen. Silke revoltiert; ist es fair, dass das Vermögen ihres Vaters, für das er ein Leben lang schuften musste, verlost wird und nicht in ihr Start-up fließen kann? Maude dagegen frustrieren als Hartz IV-Betroffene ganz andere Umstände. In den heiligen Hallen der Agentur für Arbeit treffen diese vier Menschen aufeinander und liefern sich einen rasant pointierten Schlagabtausch um das große Los.
Nora Abdel-Maksoud stellt in ihrer zugespitzten Gesellschaftssatire das Privileg der Geburt in Frage. An ein tiefes soziales Sicherheitsbedürfnis anknüpfend, verhandelt sie präzise die strukturellen Bedingungen einer Gesellschaft, in der Klassenunterschiede gleichzeitig wirken und negiert werden. Provokant und raffiniert seziert Abdel-Maksoud das volatile Selbstverständnis jenes Wohlstandsbürgertums, dass sich partout nicht oberhalb des Mittelstands verorten will, im Verhältnis zu ihrem Kapital.
Inszenierung: Sebastian Kieẞer
Bühne / Kostüme: Ariane Königshof
Licht: Walter Bühler
Dramaturgie: Lennart Göbel
Termine
Sa, 2.12.2023, 20:00
Mo, 11.12.2023, 20:00
Di, 12.12.2023, 20:00und weitere Termine
Stuttgart im Treibhausklima: Christof ist Anfang zwanzig und unheilbar krank. Noch ein letztes Mal möchte seine Freundin Nicola mit ihm einen Tag verbringen – ganz so wie früher, als er noch gesund war. Sie nimmt ihn mit auf eine imaginäre Reise an jene Orte, die ihnen etwas bedeutet haben: ihre alte Schule, das Schwimmbad, den Fernsehturm … Die Intensität ihrer Erlebnisse ist eine letzte Feier tiefer Verbundenheit aus voller Lebensfreude. Schließlich verabschiedet sich Christof mit sarkastischem Humor: Er ist froh, den Planeten zu verlassen, weil er dessen Untergang nicht länger erträgt. Auf dieser Reise durch die Stadt begegnen wir auch Christofs Vater, einem erfolgreichen Automobilverkäufer, der gezeichnet von Schicksalsschlägen in Schwermut versinkt, und seinem Onkel, der im Gefängnis saß. Der liebeskranken Karolina, die sich der Hoffnung hingibt, dass das neugeborene Kind ihres Bruders die Welt retten wird, und Marie, einer Deutschlehrerin, die in dem 18-jährigen Studenten Tomas ihren verstorbenen Sohn erkennt.
In seinem psychologischen Beziehungsdrama erzählt Simon Stephens von familiären Tragödien vor dem Hintergrund des Klimawandels und generationsübergreifender Konflikte. Während die Jugend sich von ihren Eltern im Stich gelassen fühlt und in ihrem Suchen und Sehnen ins Leere läuft, zieht sich die Vätergeneration, zerrissen von ihren missglückten Lebensentwürfen und ihren veralteten Skripten, zurück in die Einsamkeit und verstummt. Sie alle erfahren sich als heimatlose Ausgesetzte in einer Welt, die ihnen fremd geworden ist.
Bewertungen & Berichte Ein dunkles, dunkles, dunkles Blau
Schauspiel
Das Portal
von Nis-Momme Stockmann
Uraufführung: 19.1.2024
Das traditionsreiche Theater Helios pfeift aus dem letzten Loch. Generalintendant Geldoff kämpft wie ein Ertrinkender um seine Vertragsverlängerung. Nur ein großer Theaterabend könnte die Zukunft der Bühne sichern – und so setzt er alles auf eine Karte und engagiert einen erfolgreichen und teuren Jungregisseur, der mit dem Portal die Gunst der lokalen Kulturpolitik zurückgewinnen soll. Chefdramaturg Eisenstern hat derweil eigene Pläne. Denn er ist gerade dabei, einen Putsch zu planen, um das in seinen Augen fehlgeleitete Theater unter seine Führung zu bekommen. Und so zerren die beiden graue-Eminenz-artig an der Theaterproduktion. Aber das ist nur einer von zig kleineren, größeren (und allergrößten) Nebenschauplätzen in dieser schrillen Tour de Farce. In der Wimmelwelt des Theaters denkt nämlich kaum jemand an etwas anderes als an sich selbst. Und so entgeht den in Kleinkriegen verstrickten Mitarbeiter:innen auch völlig, dass der immer mehr unter Druck geratende Geldoff im Kellergedärm des Theaters als letztes Mittel das Portal in die Untiefen der dämonischen Dionysien öffnet und so das Chaos vollendet…
Diese doppelte und dreifache Überdrehung aller Theaterklischees ist eine Hommage an das komplexe, oft paradoxe, schöne und grausame Gebilde „Theater“ als einen Ort, an dem das Streben nach dem Höchsten manchmal krachend mit dem Streben nach dem Niedrigsten kollidiert.
Inszenierung / Bühne: Herbert Fritsch
Kostüme: Bettina Helmi
Live-Musik: Charlie Casanova
Licht: Jörg Schuchardt
Dramaturgie: Sabrina Zwach
Termine
Fr, 19.1.2024, 19:30 | Uraufführung
Di, 23.1.2024, 19:30
Di, 30.1.2024, 19:30und weitere Termine
Fr, 9.2.2024, 19:30
So, 18.2.2024, 18:00
Mo, 26.2.2024, 19:30
Mit Woyzeck schrieb Georg Büchner mit gerade mal 23 Jahren einen dunklen, poetischen, bildgewaltigen und zutiefst berührenden Bühnentext, basierend auf realen, von Büchner genau recherchierten Fällen. Woyzeck ist der einfache Soldat, die naive Kreatur, die sich für ein paar Groschen zum Versuchsobjekt der Wissenschaft hergibt und seinen Körper für medizinische Experimente verkauft – bis so gut wie nichts mehr von ihm übrigbleibt, ihm jegliches Menschsein ausgetrieben wird. Im Existenzkampf gegen diese skrupellose und verkommene Gesellschaft, der jegliche Moral abhandengekommen ist, hat Woyzeck nie eine Chance gehabt und der eigenen Zerstörung nichts mehr entgegenzusetzen. Als seine Geliebte, Marie, dem tanzenden Tambourmajor verfällt und das Dunkel um sich greift, gibt es für Woyzeck kein Halten mehr. Der schwindelnde Abgrund reißt ihn – und was er liebt – mit sich fort.
Mit Woyzeck hat der 23-jährige angehende Mediziner Georg Büchner einen sozialrevolutionären Text geschrieben, der unvollendet blieb. Als Vorläufer des modernen Dramas ist ihm eine Studie gelungen, die bis heute aktuelle Fragen diskutiert: Sind wir frei oder werden wir fremdbestimmt, wer oder was grenzt aus, bestimmt über die Zentren und die Ränder unsrer Gesellschaft?
Inszenierung: Zino Wey
Bühne: Davy van Gerven
Kostüme: Veronika Schneider
Musik: Max Kühn
Licht: Rüdiger Benz
Dramaturgie: Gwendolyne Melchinger
In einer düsteren Gewitternacht kommt auf einer Burg inmitten des Mattiswalds die Räubertochter Ronja zur Welt. In derselben Nacht schlägt dort ein Blitz ein und spaltet das Gemäuer. Auf dieser Burg – fortan geteilt in zwei Doppelburghälften – lebt die Räuberbande, angeführt von Ronjas Vater Mattis. Im Schutz der rauen, aber liebevollen Bande wächst Ronja behütet auf. Denn es lauern überall Gefahren: blutrünstige Druden, Rumpelwichte, tückische Graugnome und ein Höllenschlund, wie gemacht zum Hineinfallen. Als Ronja elf Jahre alt ist, beginnt sie, die Welt auf eigene Faust zu erkunden. Auf einem ihrer Streifzüge durch den Wald freundet sie sich mit einem fremden Jungen an. Es ist Birk Borkason, der Sohn von Borka, dem Anführer der Borkabande und Erzfeind von Ronjas Vater. Frech und ungefragt haben sie sich in der anderen Hälfte der Burg eingenistet. Die Freundschaft zwischen den beiden Räuberkindern bleibt nicht lange unentdeckt. Mattis schäumt vor Wut, woraufhin Ronja und Birk fliehen, um dem elterlichen Zorn zu entkommen. Im Wald sind die beiden jedoch nicht sicher …
Astrid Lindgrens Abenteuerklassiker ist nicht nur eine packende Geschichte über Freundschaft und Mut, sondern auch ein deutlicher Aufruf gegen Intoleranz und für einen respektvollen Umgang mit der Natur und ihren Geschöpfen.
Inszenierung: Sophia Bodamer
Bühne: Prisca Baumann
Kostüme: Kerstin Grießhaber
Musik: Marcus Thomas
Licht: Sebastian Isbert
Dramaturgie: Sabrina Hofer
Termine
Fr, 8.12.2023, 09:30 | Schulvorstellung
Mo, 11.12.2023, 14:00 | Schulvorstellung
Di, 12.12.2023, 10:00 | Schulvorstellungund weitere Termine
Ein Mann und eine Frau. Einst liebten sie sich vielleicht, doch davon ist nur wenig geblieben. So weit nichts Neues. Um sich aus dem Trott zu befreien, beschließen sie, ihre Beziehung zu öffnen. Vielmehr öffnet er, und sie zieht mit – oder versucht es zumindest. Während er ihr täglich neue Kandidatinnen präsentiert, fällt es ihr schwerer, einen Liebhaber zu finden. Die Anforderungen an Frauen auf dem Datingmarkt sind leider Gottes ungleich höher. Zudem fehlt ihr das aufrichtige Interesse, tatsächlich einen neuen Partner zu finden. Ihre Strategie: emotionale Erpressung in Form einer Reihe kreativer Selbstmordversuche, die das alte Feuer des Ehemanns wieder auflodern lassen sollen. Wo einmal Liebe war, scheint inzwischen allerdings nur noch Achtung zu sein. Als sie dann einen jungen, gut aussehenden Professor kennenlernt, steht ihr Mann wiederum kurz vor dem Selbstmord. Die Beziehung liegt offen und mit ihr all die Gefälle und Ungleichgewichte, die Grenzen von Treue und Eifersucht, die Freiheiten, die man sich nimmt und die, die man bereit ist zu geben.
In der gefeierten Tragikomödie aus dem Jahre 1983 macht das italienische Autor:innenduo Dario Fo und Franca Rame das Publikum zu Anwälten im Aushandlungsprozess einer scheiternden Partnerschaft. Scharf pointiert führt dieses Werk auch in Zeiten der fluiden Beziehungsmodelle und des Onlinedatings die Scheinheiligkeiten und Widersprüche der bürgerlichen Zweisamkeit vor.
Inszenierung / Bühne: Andreas Kriegenburg
Kostüme: Andrea Schraad
Licht: Felix Dreyer
Dramaturgie: Ingoh Brux
Termine
Sa, 2.12.2023, 19:30
Fr, 22.12.2023, 19:30
Do, 28.12.2023, 19:30und weitere Termine
Mo, 1.1.2024, 19:30
Sa, 20.1.2024, 19:30
So, 28.1.2024, 15:00
Mi, 31.1.2024, 19:30
Sa, 3.2.2024, 19:30
Die Losung Georg Büchners „Friede den Hütten, Krieg den Palästen!“ kommt uns heute allzu simpel vor. Doch wo beginnen, wenn man mit den Verhältnissen nicht einverstanden ist? Lena und Julie sitzen im Kessel fest und versuchen, auf den Hang zu gelangen, wo der Blick weit und die Luft frisch ist. Dort oben, wo man es sich „für unser Geld lustig macht“, ließen sich Spiegel aufstellen, die das Sonnenlicht selbst in die finstersten Keller im Tal bringen. Doch auf ihrem Weg dorthin begegnen die beiden einem eigenartigen Personal, das aus ihrer Unzufriedenheit ganz eigene Ableitungen getroffen hat – sei es ein König, ein eifriger Bäcker oder diese Ärztlerin, die mit ihren Gedanken zur Entfaltung des Menschen immer wieder auftaucht. „Eine revolutionsreife Wirklichkeit fällt nicht vom Himmel“, so Rudi Dutschke. Aber woher kommt sie dann? Skepsis der Demokratie gegenüber begegnet einem allerorten: Woher kommt diese Gemengelage, und was stimmt an ihr am Ende sogar?
Für seinen Text entleiht Deigner Motive und Figuren von Büchners Texten, dem Autor des Hessischen Landboten, der als Revolutionär schlechthin gilt. Dieser Bezug dient Deigner zur Aktualisierung der Frage, wie Revolution heute aussehen kann und ob man die Verhältnisse überhaupt noch ändern will, wenn sie bei einem selbst anfangen.
Inszenierung / Bühne: Zino Wey
Kostüme: Pascale Martin
Musik: Lukas Huber
Licht: David Sazinger
Dramaturgie: Gwendolyne Melchinger
Termine
So, 3.12.2023, 20:00
So, 28.1.2024, 20:00
Mi, 31.1.2024, 20:00und weitere Termine
Zum Auftakt der Komödie fragt Viola: „Wie heißt dieses Land?“ Die von einem Schiffbruch Gerettete wurde an eine unbekannte Küste gespült. Fremd und allein ahnt sie noch nicht, auf welchen Boden sie ihren Fuß gesetzt hat. In diesem Land scheint alles möglich. Der Liebe sind keine Grenzen gesetzt. Jeder geht mit jedem eine Beziehung ein. Es herrscht wildes Begehren und Verführen, Liebesraserei und rauschhaftes Treiben. Zwar bekommt am Ende keiner den, den er am Anfang wollte, trotzdem gibt es ein großes Fest, als könnte dieser aberwitzige Trip, das Spielen mit Identitäten, Selbstbespiegelungen, Verkleidungen, Verwechslungen, Verirrungen und Verrücktheiten ein Happy End haben. Als würde nicht jeder nur sich selbst lieben – ohne sich je erkannt zu haben. Allein der Narr weiß mehr. Mit Skepsis sieht er dem Treiben der Verlorenen zu: Viola, die als Mann verkleidet ihren Zwillingsbruder sucht und in die Fänge Olivias gerät, Orsino, der unglücklich Verliebte, oder Malvolio, der von seinen Kumpanen verspottete Schwärmer. Illyrien nennt William Shakespeare dieses Land leichtfertigen Treibens, den Schauplatz seiner „dark comedy“. Nicht zufällig lautet der Originaltitel Twelfth Night; or What You Will. Denn in den zwölf Raunächten zwischen Weihnachten und Dreikönigstag feierten die Menschen ausschweifende, dem Karneval ähnliche Feste gegen das Grauen und die Ängste vor der winterlichen, der eigenen Dunkelheit.
Inszenierung: Burkhard C. Kosminski
Bühne: Florian Etti
Kostüme: Ute Lindenberg
Musik: Hans Platzgumer
Licht: Rüdiger Benz
Choreografie: Louis Stiens
Dramaturgie: Gwendolyne Melchinger
Termine
Sa, 9.12.2023, 19:30
Di, 26.12.2023, 19:30
Sa, 27.1.2024, 19:30und weitere Termine
Sieht so die Zukunft aus? Forschungslabore und Fernsehstudios werden in Brand gesetzt, Universitäten gestürmt. „Die Regression“ heißt die gewalttätige Bewegung, die sich die technische, kulturelle und politische Demontage unseres Zeitalters auf die Fahnen geschrieben hat, denn der uneingeschränkte Fortschrittsglaube habe die Menschheit an den Rand des Abgrunds geführt. Ein nationaler Regressionsrat verkündet: Wissen ist Qual, Nichtwissen ein Segen. Kenntnisse auf den Feldern der Wissenschaft und Medizin werden negiert, die Kommunikation wird vereinfacht, Religion abgelehnt, Kunst und Kultur zensiert. Innerhalb von 100 Jahren entwickeln sich die zivilisatorischen Errungenschaften schrittweise zurück, und die Gesellschaft wird wieder in einen archaischen Zustand versetzt.
Der britische Dramatiker Dennis Kelly entwirft ein radikales Gedankenexperiment und erzählt sein satirisch überspitztes Zukunftsszenario als Familiengeschichte über fünf Generationen. Im Mittelpunkt steht jeweils die Jugend: Dawn, Tochter des Gründers der Bewegung, opfert ihre Liebe für die Ideale, ihre Kinder propagieren den Überwachungsstaat, ihr Enkel leistet Widerstand in einer zunehmend barbarischen Umgebung. In einer Zeit, in der der Radius des Wissens auf ein Minimum beschränkt worden ist, wird Dawns Urenkelin die Zukunft jedoch neu befragen. Sind wir die letzte Generation, die imstande ist, die Weichen für das Überleben der Menschheit zu stellen? Wer weiß, welche Wege und Irrwege künftig beschritten werden? Der Weg zurück zielt mitten ins Herz unserer verunsicherten Gegenwart.
Hi Fans, diese lockere Anrede muss erlaubt sein, in Anbetracht des überwältigenden gemeinsamen Erfolges in der vergangenen Spielzeit (Selbsteinschätzung).
Hammer! Es geht weiter!!! Bis zu 14 Minuten neuer Text, verbunden mit den Abräumern der letzten Saison. Teilweise in umgekehrter Reihenfolge kommen Klassiker wie Cordhose, Handgepäckkontrolle und Kinderklapse zum Einsatz. Der Klavierwitz ist als Mitspielaktion geplant, live gestreamt von der Bühne in den Zuschauerraum.
Im Falle unvorhergesehener Ereignisse beginnen wir mit einem Absacker im Foyer.
Bekomme grade Nachricht, dass mir aufgrund dramatisch angestiegener Beliebtheitswerte mehr Platz im Verkaufskatalog eingeräumt wird. Muss also die KI in mir von der Leine lassen, die interessant klingende Texte verfasst, ohne sie zu verstehen. Angesichts von Wärmepumpe und Zeitenwende ist das Theater als Raum für Utopien wichtiger denn je. Träume von radikalen Gegenwelten als Antwort auf Dystopien. Nie gekannte Umbrüche und Herausforderungen zwischen Neuer und Alter Weinsteige. Die Menschheit steht an der Abbruchkante – können wir Künstler das entscheidende Nudging liefern? Inklusion, Diversität und Transzendenz müssen ihren Weg aus der Kantine auf den Schnürboden finden, mit voller Härte der Gewaltfreiheit. Feministische Kulturpolitik hat nur dann eine Chance, wenn auch auf der Bühne sichtbar wird, was im Orchestergraben längst Wirklichkeit ist. Dies ist die verdammte Pflicht und Schuldigkeit von uns Boomern gegenüber der allerletzten Generation, die noch an ihren Abos klebt. Abyssus abyssum invocat. Echt jetzt.
Ohne Unterschrift gültig. Verfasser ist auf unbestimmte Zeit verreist.
– Harald Schmidt
Termine
Di, 12.12.2023
Sa, 10.2.2024
So, 10.3.2024und weitere Termine
Monatelang standen die Theater leer. Aufführungen vor gefüllten Sälen waren bis auf Weiteres nicht möglich. Ausstellungsbesuche durch Einzelpersonen waren dagegen erlaubt. Folgerichtig wird die Black Box Theater zum White Cube Museum und stellt sich selber aus: das Phänomen, dass hier Menschen zusammenkamen, um Kunst zu sehen. In den leeren Räumen hallt nach, was die Menschen hier verband – Gefühlsstürme, Lacher, Tränen und Applaus.
Aber was bleibt von einer flüchtigen Theateraufführung überhaupt zurück? Aufzeichnungen, Kritiken und selbst Regiebücher bilden nur einen Teil der Aufführung ab. Hormone, Gerüche, Textur haben andere Spuren hinterlassen. In ihrer Leere entwickeln Zuschauerraum, Bühne, Garderoben und Lichtbrücken den Charme von Ruinen: Post-Spektakel. Die Bühne und ihre Umgebung als temporäre Ruine einer rituellen Versammlungsstätte. Eine Archäologie der Repräsentation von Gesellschaft. Schicht für Schicht abgetragen gibt das Gebäude den Blick frei auf das, was Theater war, ist, sein kann.
Wie viel davon ist technisch simulierbar, reproduzierbar, synchronisierbar? Was ist, wenn sich die Weltsimulationsmaschine Theater von selbst in Bewegung setzt und das Publikum ins Zentrum des Geschehens rutscht?
Covid-19 macht möglich, was sich sonst kein Schauspielhaus erlauben könnte: Ein ganzes Haus spielt für eine Person. Wie Tarkowskis Stalker gehen die Zuschauer:innen vorsichtig durch die Flure, mit Kopfhörern und Handschuhen treten sie durch die leeren Reihen im Zuschauerraum auf die Hinterbühne und betreten das Labyrinth der Fiktionsmaschine. Die Black Box öffnet sich den rekonstruierenden Forscher:innen und stellt die Frage: Wo sind die anderen? In Zeiten von sozialer Distanz und Isolation gilt es hier zu entdecken was Gemeinschaft bedeutet. Erinnerung funktioniert wie ein Palimpsest aus vielen Schichten. Stefan Kaegi von Rimini Protokoll nimmt Expert:innen für politische Gemeinschaft, Simulation und Erinnerung auf; Menschen, deren Leben mit diesen Räumen und der Idee von Theater verbunden sind: Maskenbildnerinnen und Souffleure, Ensemblemitglieder und Philosophinnen… Zwischen ihren binaural im Raum inszenierten Stimmen und ortsspezifischen Klängen entsteht eine Fährte durch den Körper des Theaters, die en passant zu einem Gang ins Unterbewusste der Gesellschaft werden könnte.
Konzept, Skript und Inszenierung: Stefan Kaegi / Rimini Protokoll
Sounddesign: Nikolas Neecke
Ton: Marian Hepp
Dramaturgie: Carolin Losch, Aljoscha Begrich
Dauer – ca. 1:35 Std, keine Pause
Für unseren Audiowalk ist ein gutes Verständnis der deutschen Sprache Voraussetzung.
Die Veranstaltung ist nicht barrierefrei. Bitte beachten Sie, dass nur zum Teil Sitzgelegenheiten zur Verfügung stehen.
Termine
Sa, 23.12.2023, 18:00
Fr, 29.12.2023, 18:00
Sa, 6.1.2024, 17:00
Bewertungen & Berichte Black Box Phantomtheater für 1 Person
Schauspiel
Nicht mein Feuer
von Laura Naumann
Es soll für alle ein fulminantes Fest werden: der Geburtstag von Stefan. Schließlich hat man in 55 Lebensjahren auch einiges erreicht und kann es sich leisten. Zahlreiche Gäste sind erschienen, teure Autos parken vor dem Haus, es gibt eine volle Bar und der Geschenktisch biegt sich durch, der Himmel ist blau und sogar die pubertierenden Zwillingstöchter möchten dabei sein, wenn der DJ auflegt: Er, ein langjähriger Freund des Hauses, ist nicht nur für die Stimmung zuständig, sondern auch für die Überraschung. „Es soll etwas Besonderes werden“, hat Stefan im Vorbereitungsgespräch verheißungsvoll gesagt. Dann aber taucht der Gastgeber gar nicht auf. Für den Master of Ceremony eine einmalige Gelegenheit, das zu sagen, was er schon immer sagen wollte. Er hat das Wort, das Mikrofon sowie ein Publikum …
Der Gegenwartsdramatikerin Laura Naumann gelingt mit diesem Monolog eine zarte, aber schaurige Liebeserklärung an die Welt, die es so vielleicht bald schon nicht mehr geben wird. Im Angesicht der verheerenden Weltlage müssten wir doch handeln. Was wir tun könnten, ist eigentlich klar, und doch ist es so schwer zu verzichten. Also machen wir weiter. Unterhalten einander, bestärken uns gegenseitig in unserer Machtlosigkeit, feiern das, was da ist.
Inszenierung: Franziska Berlitz
Bühne: Jennifer Jünger
Kostüme: Stefanie Schulz
Dramaturgie: Sabrina Hofer, Lennart Göbel
Spanien im 16. Jahrhundert. Die Inquisition wütet. Despotismus, Unterdrückung, Bespitzelung und Gewalt sind an der Tagesordnung. Philipp II. regiert sein Weltreich mit schonungsloser Härte. Aus politischem Kalkül, um den Frieden zwischen Frankreich und Spanien zu sichern, hat er Elisabeth von Valois geheiratet, die ehemalige Verlobte seines Sohnes Don Carlos. Dieser liebt seine Stiefmutter, die Königin von Spanien, noch immer – und er weiß, dass dieses Begehren ihn den Kopf kosten kann. Sie drängt den Thronfolger zur Vernunft: „Elisabeth war Ihre erste Liebe. Ihre zweite sei Spanien.“
Carlos’ Jugendfreund, der Marquis von Posa, kämpft an einer anderen Front. In den niederländischen Provinzen, von denen er zurückkehrt, ist ein Aufstand gegen die Willkürherrschaft Philipps im Gange. Für seine Vision von einem besseren Staat auf der Grundlage von Toleranz und Freiheit braucht er Carlos als Verbündeten. Mit ihm gemeinsam will er seine Idee in die Tat umsetzen.
Carlos versucht vergeblich seinen Vater zu überzeugen, ihn statt des Herzogs Alba als Heerführer nach Flandern zu schicken, wo er sich für die Interessen der Niederlande einsetzen will. Sein Wunsch nach politischer Verantwortung erfüllt sich nicht. Er bleibt ein Gefangener und unglücklich Liebender am eigenen Hof. Eine Reihe von Intrigen – Liebes- und Eifersuchtsdramen sowie strategische Machtspiele des Herzogs Alba und des Paters Domingo – bringen auch Posas Pläne zu Fall. Ihm bleibt nur noch, selbst eine aufwendige Intrige zu inszenieren, an deren Ende seine Idee von Freiheit das Licht der Welt erblicken soll ...
Inszenierung: David Bösch
Bühne: Falko Herold, David Bösch
Kostüm: Pascale Martin
Musik: Karsten Riedel
Video: Falko Herold, David Bösch
Licht: Jörg Schuchardt
Dramaturgie: Gwendolyne Melchinger
von Joe Masteroff (Buch), John Kander (Musik) und Fred Ebb (Gesangstexte)
nach den „Berlin Stories“ von Christopher Isherwood
Willkommen, bienvenue, welcome / Fremder, étranger, stranger / Schön, dass ihr da seid / Je suis enchanté! / Happy to see you … – singt der Conférencier und verführt seine Gäste in die zwielichtige Unterwelt des Kit Kat Clubs. Es sind die 1920er Jahre in Berlin. Eine Zeit, geprägt von extremer Armut und hemmungslosem Genuss, in der man den eigenen Körper für ein bisschen Lebenslust verkauft.
Hier verliebt sich der amerikanische Schriftsteller Clifford Bradshaw in die Sängerin Sally Bowles. Sie ist der gefeierte Star der Show und träumt von einer Karriere als Schauspielerin. Clifford schlägt sich als Englischlehrer durch und schreibt an einem Roman. Als Sally arbeitslos wird, zieht sie zu dem jungen Schriftsteller. Sie werden ein Paar und planen eine gemeinsame Zukunft. Auch Cliffords Pensionswirtin, das Fräulein Schneider, ist frisch verliebt. Sie möchte den jüdischen Gemüsehändler Schulz heiraten. Doch der beginnende faschistische Terror lässt die privaten Träume schnell zerplatzen. Nazischergen zerstören das Gemüsegeschäft. Fräulein Schneider nimmt von ihren Heiratsabsichten Abstand. Cliffords Freund, der Devisenschmuggler Ernst Ludwig, entpuppt sich als Handlanger der braunen Gewalt. Die politische Gefahr vor Augen, will Clifford Deutschland zusammen mit Sally verlassen. Doch sie entscheidet sich für ihre Karriere und bleibt in Berlin.
Das Musical Cabaret erzählt von der Liebe in den Wilden Zwanzigern und von ihrem Scheitern angesichts der nationalsozialistischen Machtergreifung.
Cabaret basiert auf den autobiografischen Erzählungen des britisch-amerikanischen Schriftstellers Christopher Isherwood (1904–1986). Angezogen von dem Ruf und der sexuellen Freizügigkeit der Stadt Berlin, war Isherwood nach einem abgebrochenen Medizinstudium 1929 nach Deutschland gekommen, um einen großen Berlin-Roman zu schreiben. Seine Erlebnisse aus dieser Zeit veröffentlichte er in dem Buch Good bye to Berlin (1939). 1933 emigrierte er nach Kalifornien, wo er als Drehbuchautor arbeitete. In den 1950er Jahren wurde er zu einer Ikone der Schwulen- und Lesbenbewegung, weil er sich als einer der ersten prominenten Autor:innen zu seiner Homosexualität bekannte.
Regie: Calixto Bieito
Musikalische Leitung: Nicholas Kok
Musikalische Einstudierung: Marcos Padotzke
Bühne: Calixto Bieito, Helen Stichlmeir
Kostüm: Paula Klein
Licht: Rüdiger Benz
Choreographie: Juanjo Arqués
Gesangscoach: Philipp Büttner
Choreographische Assistenz: Daura Hernández García
Musikalische Assistenz: Antonio Palesano
Dauer – ca. 2:30 Std., eine Pause
In deutscher Sprache mit englischen Übertiteln
Termine
Mo, 4.12.2023, 19:30
Di, 5.12.2023, 19:30
Mi, 6.12.2023, 19:30und weitere Termine
So, 31.12.2023, 19:00
Fr, 12.1.2024, 19:30
Sa, 13.1.2024, 19:30
Sa, 17.2.2024, 19:30
living on a damaged planet (τύφλωσίς, II)
von Thomas Köck
Eine Seuche wütet in Theben. Das Orakel von Delphi verkündet, erst wenn der Tod des einstmaligen Herrschers Laios aufgeklärt wird, könne der Fluch weichen. König Ödipus muss erkennen, dass er unwissentlich zum Mörder seines Vaters und zum Gatten seiner Mutter geworden ist. Der Dramatiker Thomas Köck stellt in seiner Neudeutung des Ödipus-Stoffes die Frage nach Erkenntnisfähigkeit und Verantwortung des Einzelnen ins Zentrum. Vorhersagen einer düsteren Zukunft gibt es zuhauf, doch warum fehlt uns die Kraft zum Handeln? Die modernen Orakel haben gesprochen, die Priester des Altertums wurden von ratgebenden Expert:innen abgelöst. Wir alle wissen, was kommen wird, nämlich nichts, was wir nicht schon alle längst ahnen.
die tragödie liegt hinter uns, vor uns auf dem tisch die daten, die orakel haben gesprochen, die statistiken hängen doch da, die tragödie findet statt, hier und heute, that’s it, kein flug der vögel mehr, kein rauschen mehr, kein summen, kein geräusch, no 2nd chance.
– Thomas Köck
Inszenierung: Stefan Pucher
Bühne: Nina Peller
Kostüme: Annabelle Witt
Musik: Christopher Uhe
Video / Live-Kamera: Ute Schall, Hannes Francke
Musiker:innen: Meike Boltersdorf, Tim Neumaier
Licht: Felix Dreyer
Dramaturgie: Carolin Losch
Mit einer reichen Frau und ihrem Geld lebt es sich leicht. „Kiss me, kiss me twice, Life can be so nice.“ Nicki hat das große Los gezogen. Aber auf einmal ist’s vorbei. Kein Versace, kein Armani mehr. Und: die Liebe ist dahin. Sie gehört einem anderen – nämlich dem Chor, dem gemischten Frauenchor. An ihn verschwendet Mary jetzt ihr Geld. Ein aufregendes Leben fordert sie, nicht einen gewöhnlichen Mann wie Nicki. „Itʼs a long way to happiness, a long way to go. But you gonna get there.“ Sie will die Trennung. Aus ist es mit dem schönen Leben in Saus un Braus. Und runter geht’s. Nicki steigt ab, von der Belle Etage ins Souterrain des Grandhotels, Fallhöhe pur. In der Küche ist der reiche Gast der arme Angestellte. Hier muss er nun zwischen Mehlstaub und Schnitzel schuften und schwitzen. Immerhin ist der Chor dabei, den hat er ihr nicht überlassen.
Das neue Leben aber ist so ermüdend, stellt Nicki fest. Der einfachste Weg nach oben geht über die Liebe, sagt Dirk von der Küchenbrigade. Die Sehnsucht ist eine reiche Frau. „Denn wir haben nichts zu verkaufen als uns selbst. Wir müssen reich werden, wenn wir aufhören wollen, zu arbeiten.“ Auf die Romantik kommt es nicht an, nur auf die Bilanz. Nicki bekommt einen Auftrag. Er muss Mary zurückgewinnen. Davon würden alle profitieren. Aber er will bleiben. Denn die Liebe gibt es auch hier, sogar ohne Geld ...
Anne Leppers neues Stück Life can be so nice, das sie für das Schauspiel Stuttgart geschrieben hat, ist ein groteskes und böses Popmärchen über Arm und Reich, über Ausbeutung und Ausschweifung, über Liebe und Geld in kapitalistischen Zeiten.
Inszenierung: Jessica Glause
Bühne: Mai Gogishvili
Kostüm: Florian Buder
Komposition und Live-Musik: Joe Masi
Licht: Stefan Maria Schmidt
Dramaturgie: Gwendolyne Melchinger
Die Tage werden kürzer, die Luft klirrt vor Kälte. Höchste Zeit, es sich drinnen gemütlich zu machen und gemeinsam aufregenden Geschichten zu lauschen. In der Adventszeit laden wir alle kleineren und größeren Kinder, Junggebliebene und Familien zu szenischen Lesungen der schönsten Kinderbücher in unser kuscheliges Lesenest ein. Gemeinsam stimmen wir uns auf die Festtage ein und genießen eine kurze Verschnaufpause vom Trubel der Vorweihnachtszeit.
Von und mit dem Jewish Chamber Orchestra Munich, Dirigent Daniel Grossmann
Mit Texten von Stella Leder
Gemeinsam mit der Dramatikerin und Romanautorin Stella Leder begibt sich das Jewish Chamber Orchestra München auf eine Recherche und musikalische Reise. Das Projekt Kofflers Schicksal: Goldberg Variationen verbindet dabei die Befragung deutscher Erinnerungskultur mit der Erinnerung an eine konkrete Person und ihrem musikalischem Erbe:
Józef Koffler wurde 1896 in Stryj (damals Polen, heute Ukraine) geboren. Nach einem Kompositionsstudium in Wien feierte er Erfolge als Komponist. Bereits mit 32 Jahren erhielt er in Lemberg die einzige Professur für atonale Komposition in Polen. Unter dem psychischen Druck durch den Aufstieg des Nationalsozialismus stellte er Mitte der 1930er Jahre das Komponieren ein und bearbeitete stattdessen Werke anderer Komponisten. Mit dem Einmarsch der Wehrmacht in Ostpolen 1941 wurde Koffler mit seiner Frau und seinem wenige Jahre alten Sohn verhaftet und in das Ghetto Wieliczka gebracht. Mit Auflösung des Ghettos 1943 versteckt er sich mit seiner Frau und dem kleinen Sohn an unterschiedlichen Orten, wurde 1944 jedoch von der Gestapo aufgespürt und die Familie wurde am Rande eines unbekannten Dorfes erschossen. Im Gegensatz zu Viktor Ullmann oder Erwin Schulhoff, deren Musik in den letzten Jahren vermehrt aufgeführt wird, war Józef Koffler bisher weitgehend vergessen. Sowohl seine Eigenkompositionen als auch seine Bearbeitung der Goldberg-Variationen werden als Teil des Aufführungsprogramms erklingen.
Die Lebensorte Kofflers bildeten einen jüdischen, oftmals auch deutschsprachigen, Kulturraum, der prägende Schriftsteller:innen wie Selma Meerbaum-Eisiger, Paul Celan oder Rose Ausländer hervorbrachte. Diese Dokumente literarischer Zeitzeugenschaft verbindet Stella Leder mit persönlichen Erinnerungen und erinnerungspolitischen Grundbetrachtungen:
Was bedeutet es, wenn verklungene Musik erneut erklingt? Warum können Widersprüche der Erinnerungskultur dabei helfen, gemeinsam zu erinnern? Wohin führt die Selbstbefragung? Wie erinnern wir selbst? Was sind Handlungen des Erinnerns? Welche tröstenden Rituale kennen wir? Wie durchbrechen wir Rituale der Erinnerung, um zu einer tatsächlichen Erinnerung als Arbeit an der Gegenwart zu gelangen?
Im Rahmen von 30 Tage im November - Vom Wert der Menschenrechte
Mit bekannten Weihnachtsliedern, präsentiert von einer mitreißendenden Rhythmusgruppe und herausragenden Solist:innen, wollen wir uns auf die schönste Zeit des Jahres einstimmen. Ein sechsköpfiges Jazzensemble, angeführt von Trompeter Thomas Siffling und der US-amerikanischen Gesangslegende Sandy Patton, lässt winterliche Harmonien im Schauspielhaus erklingen. Humorvolle und besinnliche Texte von Loriot bis Ringelnatz, vorgetragen von Ensemblemitglied Reinhard Mahlberg, runden den vorweihnachtlichen Abend ab.
2021 hielt er im Literaturhaus die erste Stuttgarter Zukunftsrede, nun liegt sein neuer Roman Lichtspiel vor – ein Roman über G. W. Papst, einen großen Filmregisseur der Weimarer Republik, und zugleich ein Roman über Kunst und Macht, Schönheit und Barbarei. Zur Machtergreifung Hitlers dreht G. W. Pabst noch in Frankreich, flieht dann nach Hollywood, um schließlich doch wieder in seiner Heimat Österreich zu landen, die nun Ostmark heißt. Die barbarische Natur des Faschismus spürt die heimgekehrte Familie mit aller Deutlichkeit. Doch der Propagandaminister in Berlin will das Filmgenie haben. Während Pabst noch glaubt, dass er dem Werben widerstehen, dass er sich keiner Diktatur als der der Kunst fügen wird, ist er schon den ersten Schritt in die rettungslose Verstrickung gegangen. Daniel Kehlmann, 1975 in München geboren, wurde für sein in zahlreiche Sprachen übersetztes Werk vielfach ausgezeichnet. Sein Roman Die Vermessung der Welt war eines der erfolgreichsten deutschen Bücher der Nachkriegszeit, und auch sein Roman Tyll stand monatelang auf den Bestsellerlisten und gelangte auf die Shortlist des International Booker Prize. Daniel Kehlmann lebt in Berlin.
nach dem Roman von Fjodor M. Dostojewski
in der Übersetzung Verbrechen und Strafe von Swetlana Geier
Kann es die Theorie eines „gerechten“ Mordes geben? Die von Armut geprägten Straßen von St. Petersburg bilden die Welt, in der sich der hochintelligente, aber mittellose Jurastudent Raskolnikow zu behaupten versucht. Im Bewusstsein seiner eigenen Überlegenheit tötet er eine alte Pfandleiherin. Doch nach der Tat befallen ihn Skrupel. Die Auseinandersetzung mit dem Ermittlungsrichter, der sich an seine Fersen heftet, weitet sich zu einem weltanschaulichen Gefecht aus, und auch die Begegnung mit Sonja, die gezwungen ist, ihre Familie durch Prostitution zu ernähren, bewirkt eine innere Umkehr. Am Ende erwartet Raskolnikow eine langjährige Haft in einem sibirischen Straflager.
Raskolnikows radikales Weltbild teilt die Menschen in „gewöhnliche“ und „außergewöhnliche“ Menschen ein. Ist unter der Voraussetzung einer allumfassenden Freiheit des Menschen ein Verbrechen zu rechtfertigen, wenn dies im Namen des Fortschritts begangen wird und einem übergeordneten Ziel dienlich ist? Raskolnikow ist ein Gespaltener, dessen Verstand sein Gewissen auszuschalten versucht, am Ende überwiegen jedoch die moralischen Zweifel.
Fjodor Dostojewskis 1866 erschienener Ideenroman stellt die Frage nach der Legitimität von Gewalt und gewinnt im Angesicht der Verbrechen, mit denen wir uns in diesen Tagen konfrontiert sehen, beunruhigende Aktualität.
Inszenierung: Oliver Frljić
Bühne: Igor Pauška
Kostüme: Maja Mirković
Musik: Daniel Regenberg
Licht: Jörg Schuchardt
Dramaturgie: Carolin Losch
in deutscher Sprache mit englischen Übertiteln
Dauer: ca. 3 Std., eine Pause.
Termine
Do, 21.12.2023, 19:30 | Wiederaufnahme
So, 14.1.2024, 19:30
So, 21.1.2024, 19:30
Krawall & Katharsis – eine große Behauptung, aber mit genau dieser Wucht wollen wir auch in der kommenden Spielzeit wieder szenische Ideen der Regieassistent:innen und des Ensembles auf die Bühne bringen! Das Format ist ein Sprung ins kalte Wasser, jedes Mal neu und anders, egal ob lange konzipiert oder ohne Proben nach oben – alles ist erlaubt. Weiterhin gilt: Dieses Format entzieht sich aus Prinzip jeglicher Erwartungshaltung und zelebriert in jeder Ausgabe auf andere Art und Weise Spieltrieb und künstlerische Freiheit.
von und mit Sebastian Röhrle, Max Braun und Gästen
Ich wurde aufgefordert, einen Text zu schreiben, der, wenn ich das richtig verstanden habe, dem Zweck dienen soll, euch dazu zu bewegen, die Kammer of Love zu besuchen. Dazu kann ich nur sagen: Kommt! Oder kommt nicht, wenn ihr Besseres anzufangen wisst mit eurer Zeit. Geht raus! Lebt! Wild und gefährlich! Liebt! Hasst! Seid eifersüchtig! Zärtlich! Ungeduldig! Poetisch! Peinlich! Streitet und vertragt euch! Albert herum! Und vor allem: „Seid immer trunken! Das ist alles, die einzige Lösung. Um nicht das kammer furchtbare Joch der Zeit zu spüren, das eure Schultern zerbricht und euch zur Erde beugt, müsst ihr euch berauschen, zügellos. Doch womit? Mit Wein, Poesie oder mit Tugend, womit ihr wollt. Aber berauschet euch!“ – wie der französische Lyriker Charles Baudelaire zu sagen pflegte. Ich habe für eure Abwesenheit jedes Verständnis. Absolut. Jeder leere Platz ist ein Trost, eine Verheißung, dass das Leben größer ist als die Kunst. Und dann kommt ihr einfach zur nächsten Kammer of Love und berichtet, was ihr inzwischen erlebt habt. Wartet nur nicht zu lange mit dem Kartenkauf. Denn wir sind meistens ausverkauft. Sind ja nicht alle so mutig wie ihr.
Der Briefwechsel von Ingeborg Bachmann und Max Frisch
Mein Lieber, warum kommst Du mir trotzdem wie ein Geliebter vor – und doch wie ein Feind heute? Ich will aber nicht kalt mir Dir reden und mit Dir rechten, um mich erhalten zu können. Ich will das wirklich nicht und komme gleich, nachsehen, wie Du daliegst und weiterhaderst mit mir – oder vielleicht liebst Du mich und es kommt Tauwetter. Deine Ingeborg P.S: Come prima. [IB: 46]
O Du! Nun also bist Du, mauve ou jaune, rauschend in deinem Abendkleid und nackten Rückens, umwimmelt von Leuten, hochstrahlend und hold dass ein jeder, der es nicht gewagt hat, sich einbildet, er hätte dich heiraten wollen. Okay! Ich bin noch nie so eifersüchtig gewesen wie auf Dich, dabei so gleichgültig wie einer, der morgen oder übermorgen hingerichtet wird. Ich bin so randvoll von Tod manchmal, drum mein unnettes Schweigen, als du wegfuhrst ... [MF: 47]
Mai, 1958. Für eine Fernsehproduktion von Biedermann und die Brandstifter verweilt Max Frisch in Hamburg als er auf Ingeborg Bachmanns Hörbuch Der gute Gott von Manhattan stößt. Er ist beeindruckt und schreibt der promovierten Autorin und Preisträgerin der Gruppe 47 umgehend einen Brief, in dem er seine Faszination für ihr Schaffen ausdrückt. Bachmanns Antwort ist der Start einer der spektakulärsten Briefwechsel der Literaturgeschichte. Die rund 300 überlieferten Schriftstücke dokumentieren das Leid und die Lust zweier Berühmtheiten ihrer Zeit, deren Liaison vier Jahre lang halten wird. Bezeugt wird dabei die Geschichte einer offenen (Fern-)Beziehung, um die sich zahlreiche Mythen ranken, auch weil sie nicht zu wenige verworrene Spuren im literarischen Schaffen beider hinterlassen hat. Die Briefe zeigen die enge Verknüpfung von Leben und Werk, sie sind intime Mitteilungen und zugleich Weltliteratur. Wir haben es nicht gut gemacht (Piper & Suhrkamp, 2022) liefert einen noch nicht dagewesenen Einblick in die komplexe bisweilen kontroverse Beziehung sowie den produktiven Schaffensaustausch zwischen Ingeborg Bachmann und Max Frisch.
Bewertungen & Berichte Der gute Gott vom Zürichsee
Schauspiel
Der Sturm
von William Shakespeare
Mit einem großen Sturm beginnt Shakespeares letztes Drama. Himmel und Meer spielen verrückt. Eine kleine Insel rettet den Schiffbrüchigen das Leben. Es ist nicht irgendeine Insel. Der Zauberer Prospero hat sie in der Hand. Der Sturm ist die Geschichte Prosperos. Einst war er Herzog von Mailand. Zu spät bemerkte er, dass sein Bruder Antonio eine Verschwörung plante, um ihn zu stürzen und die alleinige Macht über Mailand zu erlangen. Die Intrige ging auf. Vertrieben vom königlichen Hof, wurde Prospero mit seiner Tochter Miranda auf einer Insel ausgesetzt, die er sich zu eigen machte. Zwölf Jahre lebten sie dort gemeinsam mit Caliban, ihrem Sklaven, einem Ureinwohner der Insel, und dem Luftgeist Ariel.
Eine günstige Gelegenheit verhilft Prospero nun zur Rache an seinem Bruder. Mithilfe Ariels gelingt es ihm, das vorbeiziehende Schiff mit seinen Feinden an Bord durch einen Sturm vom Kurs abzubringen und auf der Insel stranden zu lassen. Dort werden die Schiffbrüchigen Alonso, König von Neapel mit seinem Gefolge, sein Sohn Ferdinand und Antonio getrennt. Auf der fremden Insel irren sie nun umher, werden von Geistern und seltsamen Wesen verfolgt und glauben einander tot. Ferdinand aber verliebt sich, wie könnte es anders sein, in Miranda, gefolgt von einer feierlichen Verlobung … denn auch das ist Teil des Plans – der Inszenierung Prosperos und seines Luftgeists Ariel: „Lass sie ordentlich gehetzt werden. Jetzt ist die Stunde da, in der mir sämtliche meiner Feinde ausgeliefert sind. In Kürze sind all meine Mühen vollbracht, und du sollst die Luft der Freiheit atmen.“
William Shakespeares (1564–1616) visionäre Komödie Der Sturm ist sein letztes und poetischstes Werk und bietet Raum für unzählige Interpretationen und Deutungen. Mit seinem Alter Ego Prospero nimmt Shakespeare gleichsam Abschied von der Bühne. Der Sturm ist fantastisch-dystopisches Märchen, Politparabel, Rachedrama, romantische Liebesgeschichte, philosophisches Traktat, metaphysisches Metamorphosegedicht und Kolonialdrama zugleich. Es erzählt vom Spannungsverhältnis zwischen Natur und Zivilisation, von den Grundlagen gerechter Herrschaft, von Selbstdisziplin und Sublimation, Verzicht und Konkurrenz. Letztlich ist und bleibt dieses Shakespeare-Drama ein offener, widersprüchlicher Text, der keine eindeutige Zuschreibung zulässt, mehr noch, sich dieser vielleicht sogar bewusst entzieht.
Inszenierung: Burkhard C. Kosminski
Bühne: Florian Etti
Kostüme: Ute Lindenberg
Musik: Hans Platzgumer
Licht: Rüdiger Benz
Choreografie: Louis Stiens
Dramaturgie: Gwendolyne Melchinger
Dauer – ca. 1:45 Std., keine Pause
Termine
Do, 25.1.2024, 19:30
Fr, 26.1.2024, 19:30
So, 11.2.2024, 19:30und weitere Termine
Ehemals Königliche Hoftheater, 1909 bis 1912 von Max Littmann als Doppeltheater mit Opern- und Schauspielhaus erbaut. 1924 wurden die Gebäude unter Denkmalschutz gestellt. Erhalten blieb nach dem II. Weltkrieg nur das mit klassizistischen Säulen geschmückte Große Haus.
Im Schauspielhaus finden Veranstaltungen des Schauspiel Stuttgart und des Stuttgarter Balletts statt. Nach Diskussionen über eine Wiedererrichtung begann man 1959 nach der Kriegszerstörung an alter Stelle mit einem Neubau nach Entwürfen von Hans Volkart. 1962 konnte das Schauspiel den Spielbetrieb im Kleinen Haus aufnehmen. 2002 wurde der Bau in Schauspielhaus umbenannt. Das Schauspielhaus wurde von 2010 bis 2013 grundständig saniert und im September 2013 wiedereröffnet.